Epilepsie

Epilepsie (zerebrales Anfalls- oder Krampfleiden): Wiederholt auftretende zerebrale Krampfanfälle (epileptische Krampfanfälle) infolge einer chronisch übersteigerten Entladungsaktivität von Nervenzellgruppen im Gehirn.

Das Erscheinungsbild des Krampfanfalls hängt davon ab, wie groß der abnorm erregte Gehirnbezirk ist und welche Funktion er hat: Geht er von einem begrenzten Bezirk des Gehirns aus, wird er als fokaler Anfall bezeichnet, beim primär generalisierten Anfall sind größere Bereiche des Gehirns betroffen. Eine Epilepsie kann ohne erkennbare Ursache (idiopathische Epilepsie) oder als Begleiterkrankung einer feststellbaren Hirnschädigung (symptomatische Epilepsie) auftreten. In Deutschland sind 0,5–1 % der Bevölkerung erkrankt, meist treten die ersten Anfälle bis zum 20. oder nach dem 60. Lebensjahr auf.

Die meisten Menschen mit Epilepsie haben die gleichen geistigen Fähigkeiten wie andere. Selbst wenn eine Intelligenzminderung vorliegt, ist sie ganz überwiegend nicht durch die Anfälle bedingt, sondern durch die Erkrankung, die zur Epilepsie geführt hat.

Leitbeschwerden

  • Unwillkürliche, nicht kontrollierbare Muskelzuckungen und Steifwerden einzelner Körperteile oder des ganzen Körpers
  • Unerklärliche Bewegungen oder Handlungen (z. B. Schmatzen, Grimassieren, Wischbewegungen, Körperdrehungen)
  • Wahrnehmungen (z. B. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Hautkribbeln), die nicht nachvollziehbar sind
  • Zusammensinken oder Sturz auf den Boden
  • Wegtreten oder Bewusstseinsverlust
  • Alle Erscheinungen anfallsartig und bei längerer Beobachtung wiederholt auftretend.

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn wiederholt unerklärliche Wahrnehmungen, Empfindungen oder andere Erscheinungen auftreten, die zwar nicht so schlimm scheinen, für die es aber auch keine Erklärung gibt

Heute noch, wenn unkontrollierbare Zuckungen auftreten, auch wenn sie von selbst wieder aufhören

Sofort den Arzt rufen, wenn jemand bewusstlos wird oder ohne erkennbaren Grund zu Boden stürzt, es erstmalig zu Steifwerden und Muskelzuckungen am ganzen Körper kommt.

Bei bekannter Epilepsie, wenn:

  • Ein Krampfanfall länger als fünf Minuten dauert
  • Mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten
  • Nach dem Anfall neue Auffälligkeiten vorhanden sind, z. B. Lähmungen.

Die Erkrankung

Bei einem epileptischen Anfall werden die Nervenzellen nicht nach den Erfordernissen der Informationsübermittlung koordiniert erregt, sondern es kommt infolge einer überschießenden Entladung zur massiven, gleichzeitigen Erregung großer Nervenzellverbände oder gar des gesamten Gehirns. Dieses „Zuviel an Erregung“ führt einerseits zu den Erscheinungen des epileptischen Anfalls, andererseits wird die normale Signalweiterleitung im erregten Bezirk vorübergehend unmöglich.

Die Ursachen für die Übererregung sind noch nicht vollständig geklärt. Die Forschung konzentriert sich vor allem auf die Nervenzellen. Jüngst wurden aber auch Hinweise entdeckt, dass auch eine andere Art von Zellen – die umliegenden Astrozyten – bei der Entstehung von Epilepsie eine Rolle spielen. Ihre Aufgabe ist es, die Aktivität der Nervenzellen zu kontrollieren und bestimmte Signale zu blockieren. Nun wird vermutet, dass ein Versagen der Astrozyten dazu führt, dass Signale zwischen Nervenzellen uneingeschränkt übertragen werden. Das würde erklären, warum es zum Erregungsüberschuss und damit zum epileptischen Anfall kommt.

Wie sich ein epileptischer Anfall äußert, hängt davon ab, in welchem Gehirnbereich sich die abnormen Aktivitäten abspielen. Ist z. B. der Bezirk betroffen, der für die Muskeln der rechten Hand zuständig ist, kommt es zu Zuckungen der rechten Hand, empfangen die gestörten Nervenzellen normalerweise Geruchsempfindungen, berichtet der Betroffene über merkwürdige (meist unangenehme) Geruchsempfindungen usw. Darüber hinaus können sich die übersteigerten Erregungen ausbreiten. Da benachbarte Körperregionen oft von benachbarten Nervenzellgruppen versorgt werden, wandern dann z. B. Zuckungen von der Hand den Arm hoch.

Fokale und generalisierte Anfälle

Bei fokalen Anfällen (partielle Anfälle, Herdanfälle) gehen die Entladungen von einer bestimmten Stelle einer Großhirnhälfte aus:

  • Bei einfach-fokalen Anfällen ist das Bewusstsein des Betroffenen erhalten und er kann später genau erzählen, was er gespürt hat. Typisch sind Muskelzuckungen oder „Ameisenlaufen“ auf der Haut, das Sehen von Lichtblitzen, das Hören von Geräuschen oder anfallsartige, meist unangenehme Gerüche oder Geschmacksempfindungen. Manchmal wird dem Betroffenen schwindelig oder er spricht nur von einem „komischen“ Gefühl.
  • Komplex-fokale Anfälle gehen mit einer Veränderung des Bewusstseins einher. Der Betroffene wirkt „weggetreten“, „umdämmert“ und vollzieht stereotype Bewegungen, die nicht zur Situation passen. Er ist aber nicht bewusstlos. Nach dem Anfall dauert es Minuten bis Stunden, bis der Betroffene wieder „völlig da“ ist.
  • Meist hören fokale Anfälle von selbst wieder auf. Die abnorme Erregung kann sich aber auch ausbreiten und schließlich in einen sekundär generalisierten Anfall übergehen, der abgesehen von seinem Beginn einem primär generalisierten Anfall gleicht.

Bei primär generalisierten Anfällen sind von Anfang an beide Gehirnhälften von den abnormen Erregungen betroffen. Entsprechend zeigen auch beide Körperhälften Symptome. Der Kranke ist immer bewusstlos und kann sich später nicht an den Anfall erinnern:

  • Am bekanntesten ist der Grand-mal-Anfall (tonisch-klonischer Anfall). Er beginnt mit plötzlichem Bewusstseinsverlust und Steifwerden der Muskeln (möglicherweise mit einem Schrei und Sturz). Da sich auch die Atemmuskulatur verkrampft, ist die Atmung gestört, Folge ist eine bläuliche Hautverfärbung. Es folgen beidseitige Muskelzuckungen, die mehrere Minuten dauern. In dieser Phase bildet sich häufig blutiger Schaum vor dem Mund. Nach wenigen Minuten hört der Grand-mal-Anfall meist von alleine auf, und der Betroffene schläft für mehrere Stunden.
  • Primär generalisierte Anfälle können auch weit weniger dramatisch ablaufen. Bei Schulkindern häufig sind Absencen, kurze, aber oft in Serien auftretende Aufmerksamkeitsstörungen, die gerne als Unwillen aufzupassen fehlgedeutet werden. Plötzliche Muskelzuckungen (myoklonische Anfälle), länger dauernde Muskelanspannungen (klonische Anfälle), Muskelverkrampfungen (tonische Anfälle) oder umgekehrt eine Erschlaffung der Muskulatur (atonische Anfälle) sind weitere Ausdrucksformen primär generalisierter Anfälle und gehen mit erheblicher Sturzgefahr einher.

Sowohl fokale als auch primär generalisierte Anfälle können von einer Aura eingeleitet werden, ein merkwürdiges Gefühl oder eine Wahrnehmung, die der Patient zwar oft nicht genau beschreiben kann, die er aber sofort als Bote eines nahenden Anfalls erkennt.

Idiopathische und symptomatische Epilepsie

Eine weitere Einteilung berücksichtigt die Ursache der Epilepsie:

  • Bei idiopathischen Epilepsien (genuine Epilepsien) ist keine Ursache für die Anfälle zu finden. Vielmehr ist die Krampfschwelle erniedrigt, sodass schon geringe Belastungen (etwa Schlafentzug, Flackerlicht, sehr schnelles und tiefes Atmen) einen zerebralen Anfall auslösen können. Die erniedrigte Krampfschwelle kann erblich (mit-)bedingt sein, die Epilepsie selbst wird aber nicht vererbt. Selbst wenn beide Elternteile eine idiopathische Epilepsie haben, hat das Kind eine Chance von 90 %, nicht an Epilepsie zu erkranken. Idiopathische Epilepsien zeigen sich meist schon im Kindes- und Jugendalter.
  • Bei symptomatischen Epilepsien ist eine Gehirnschädigung die Ursache der Epilepsie, etwa ein Sauerstoffmangel während der Geburt, eine Schädel-Hirn-Verletzung, eine Gefäßfehlbildung, ein Schlaganfall oder ein Gehirntumor. Symptomatische Epilepsien können sich in jedem Lebensalter erstmals zeigen.

Ein einzelner Anfall führt nicht zu Folgeschäden im Gehirn. Problematisch sind allerdings sehr lange andauernde Anfälle oder so rasch aufeinander folgende Anfälle, dass der Patient zwischenzeitlich nicht wieder voll zu Bewusstsein kommt (Status epilepticus).

Was alles keine Epilepsie ist

Nicht jede abnorme Empfindung oder Zuckung ist eine Epilepsie. Zwar werden Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Migräne und Epilepsie diskutiert, die flüchtigen Störungen, die dem Migränekopfschmerz vorangehen oder manchmal sogar einziges Zeichen einer Migräne sein können, sind aber keine Epilepsie. Auch bei Ohnmacht kann es zu leichten Zuckungen kommen (konvulsive Synkope), insbesondere dann, wenn der Ohnmächtige nicht hingelegt, sondern hingesetzt wird. Gleiches gilt für die Hyperventilation, für die Verkrampfungen der Hände in einer so genannten Pfötchenstellung typisch sind, sowie für psychogene Anfälle: Sie sind psychisch bedingt, laufen aber unbewusst ab und sind nicht „vorgetäuscht“, ereignen sich überwiegend vor Publikum und lassen sich von ihrem Ablauf her keiner epileptischen Anfallsform zuordnen. Psychogene Anfälle werden überwiegend den somatoformen oder dissoziativen Störungen zugeordnet.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Diagnosefindung und Abgrenzung von nicht epileptischen „Anfällen“ beruhen auf einer exakten Anfallsbeschreibung sowie einer gründlichen Untersuchung. So weisen z. B. kleine Handzuckungen vor einem Grand-mal-Anfall auf einen primär fokalen Anfall oder Auffälligkeiten bei der Untersuchung auf eine symptomatische Ursache hin.

Sondertext: Antiepileptika

Unabdingbare technische Untersuchung ist das EEG, mit dem epilepsietypische Veränderungen wie etwa Spike-wave-Komplexe (siehe Abbildung) aufgezeichnet werden können. Allerdings zeigt sich mitunter auch bei Gesunden eine Auffälligkeit oder umgekehrt trotz Epilepsie ein Normalbefund, sodass die Diagnose oft mehrere aufeinanderfolgende bzw. wiederholte EEG-Untersuchungen in verschiedenen Situationen erfordert:

  • Die Wahrscheinlichkeit, epilepsietypische Veränderungen nachzuweisen, ist am größten, wenn ein normales Ruhe-EEG während oder unmittelbar nach einem (nicht mit Medikamenten unterdrückten) Anfall aufgezeichnet wird. Zwischen den Anfällen kann das EEG normal sein oder nur wenig richtungweisende Allgemeinveränderungen zeigen.
  • Bei normalem EEG, aber weiter bestehendem Verdacht auf Epilepsie kann ein Provokations-EEG zwischen zwei Anfällen Veränderungen (und selten einen Anfall) provozieren. Am einfachsten ist die Provokation durch sehr schnelles und gleichzeitig sehr tiefes Atmen (Hyperventilation) oder Flackerlicht (Fotostimulation), schwieriger ist die Provokation im Schlaf nach vorherigem Schlafentzug.
  • Bei einem Langzeit-EEG, das durch tragbare Geräte mittlerweile auch ambulant möglich ist, erhöht die verlängerte Aufzeichnungsdauer von bis zu 48 Stunden die Chance, seltener auftretende Veränderungen festzustellen.
  • Beim Video-EEG erfolgt gleichzeitig zum (Langzeit-)EEG eine Videoaufnahme des Patienten, um den Anfall genau zu analysieren und ihn mit EEG-Veränderungen in Verbindung bringen zu können. Da sich der Patient die ganze Zeit im Bereich der Videokamera aufhalten muss, ist die Untersuchung nur im Krankenhaus möglich.

Außerdem ist immer ein Kernspin zum Ausschluss einer Hirnschädigung erforderlich.

Behandlung des einzelnen Anfalls. Ein einzelner epileptischer Anfall muss nicht medikamentös unterdrückt werden. Nur wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder sich mehrere Anfälle kurz hintereinander ereignen, spritzt der Arzt krampfunterdrückende Medikamente, um Hirnschäden zu vermeiden. Krampfunterdrückende Medikamente zur rektalen Gabe können auch durch Angehörige verabreicht werden. Ist der Betroffene während des Anfalls gestürzt, muss nach Verletzungen gesucht und diese gegebenenfalls behandelt werden.

Anfallsprophylaxe. Ziel jeder Epilepsiebehandlung ist, weitere Anfälle zu vermeiden. Bei einer symptomatischen Epilepsie wird, wenn möglich, die Ursache behoben, bei einer idiopathischen Epilepsie werden bekannte Auslöser eines Anfalls gemieden. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, müssen Antiepileptika als medikamentöse Dauertherapie gegeben werden, in der Regel nach dem zweiten Anfall. Nur wenn die Anfälle maximal zweimal jährlich vorkommen oder den Patienten weder belasten noch gefährden (z. B. nur Zuckungen der linken Hand), kann darauf verzichtet werden.

Etwa ein Drittel aller Epilepsiepatienten spricht jedoch nicht auf Medikamente an. Sie können aber künftig von einem Hirnschrittmacher profitieren. Ärzte in Tübingen haben ihn bereits erfolgreich Patienten mit therapieresistenter Epilepsie implantiert. Durch die tiefe Hirnstimulation verringerte sich bei ihnen die Zahl der Anfälle deutlich. Auch in einer US-amerikanischen Studie erwies sich der Hirnschrittmacher als wirksam. Bei allen Patienten halbierte sich die Zahl der Anfälle. Jeder zehnte von ihnen blieb länger als sechs Monate beschwerdefrei.

Epilepsiechirurgie. Bei der Epilepsiechirurgie wird der Herd, von dem die abnormen Erregungen ausgehen, operativ entfernt. Voraussetzungen sind, dass es sich um eine fokale Epilepsie mit feststellbarem Herd handelt und dass dieser mit einem vertretbaren Risiko entfernt werden kann. Die für diese Entscheidung notwendige präoperative Diagnostik und Beratung des Patienten können nur in speziellen Epilepsiezentren geleistet werden.

Vagusnervstimulation. Weniger eingreifend ist die Vagusnervstimulation. Ein dem Herzschrittmacher ähnlicher Impulsgeber wird im Brustbereich unter der Haut eingesetzt und seine Elektrode mit dem linken Vagusnerv verbunden. Dieser zieht beidseits vom Hirnstamm in den Körper und steuert die Funktionen des Kehlkopfs und anderer Hals-, Brust- und Bauchorgane. Der Impulsgeber stimuliert den Vagusnerv in programmierten Abständen (z. B. alle paar Minuten). Dadurch wird die Erregbarkeit des Gehirns beeinflusst. Patienten, die den Beginn eines Anfalls spüren, können außerdem von außen zusätzliche Impulse auslösen. Wichtigste Nebenwirkungen sind Heiserkeit, Sprachstörungen während der Reizdauer und Kribbeln am Hals. Es kann allerdings über ein Jahr dauern, bis die Wirksamkeit der Vagusnervstimulation endgültig beurteilt werden kann.

Selbsthilfe

Die meisten Menschen mit Epilepsie können selbstbestimmt und weitgehend normal leben. Das negative Bild, dass viele Nichtbetroffene von Epileptikern haben, rührt wohl daher, dass sie von vielen medikamentös eingestellten Epiletikern gar nicht wissen, dass sie an Epilepsie erkrankt sind. Dennoch ist Rücksichtnahme auf die Erkrankung nötig:

  • Für die meisten Epileptiker ist das Führen eines Anfallskalenders sinnvoll, um den Überblick über die Anfälle, ihre möglichen Auslöser und die bislang ausprobierten Medikamente zu behalten. Außerdem sollten sie immer einen Epilepsiepass oder einen anderen Notfallpass bei sich haben, damit bei einem Anfall außerhalb der gewohnten Umgebung Laien wie Ärzte richtig reagieren können.
  • Bekannte Anfallsauslöser sollte der Patient wenn irgend möglich meiden.
  • Berufe mit erhöhter Selbst- und Fremdgefährdung (z. B. Dachdecker, Bus-, Taxifahrer) sind für Epileptiker ungeeignet. Auch Berufe, die einen unregelmäßigen Tagesrhythmus mit sich bringen oder für die ein Führerschein erforderlich ist, sind ungünstig.
  • Epileptiker profitieren von Sport und Reisen ebenso wie Gesunde. Aktivitäten, die bei einem Anfall zu hoher Gefährdung führen würden (z. B. Fallschirmspringen) sollten allerdings tabu sein, andere nur unter besonderen Schutzmaßnahmen ausgeübt werden (z. B. Schwimmen nur in Begleitung).
  • Besteht Kinderwunsch, so ist häufig eine Medikamentenumstellung vor der angestrebten Schwangerschaft notwendig, um kindliche Fehlbildungen zu vermeiden.

Fahrtauglichkeit bei Epilepsie

Die von Fachgremien verfassten "Leitlinien zur Kraftfahrereignung" legen die Richtlinien zur Fahrtauglichkeit bei Epilepsie fest. Um die Fahrtauglichkeit richtig zu beurteilen, müssen sich Epileptiker jährlichen Kontrolluntersuchungen unterziehen. Gemäß den Richtlinien dürfen nur anfallsfreie Epileptiker den Führerschein erwerben und ein Auto führen. Die Regelungen sind an die Führerscheinklassen gebunden.

Epileptiker mit einem Führerschein der Klasse A, B und L sind nach einem erstmaligen Anfall erst 6 Monaten später wieder fahrtauglich – sofern bis dahin keine weiteren Anfälle aufgetreten sind und die neurologischen Untersuchungen keine Hinweise auf einen erneuten Anfall liefern.

Personen, die gemäß der Leitlinien der Internationalen Epilepsieliga als Epileptiker gelten, sind erst dann wieder fahrtauglich, wenn sie 12 Monate lang keinen Anfall hatten. Epileptiker, die innerhalb eines Jahres Anfälle erlitten haben, gelten nur dann als fahrtauglich,

  • wenn nach 3-jähriger Beobachtungszeit sicher zu sagen ist, dass die Anfälle ausschließlich im Schlaf auftreten. Die Richtlinie bezieht sich dabei nicht ausschließlich auf den Nachtschlaf.
  • wenn es sich um Anfälle handelt, die ohne Bewusstseinsstörung verlaufen und die Reaktionsfähigkeit in keiner Weise beeinträchtigen.

Hatten die Patienten seit mehreren Jahren keinen Anfall mehr und erleiden einen Rückfall in Form eines einzelnen Anfalls oder – innerhalb von 24 Stunden – mehrerer Anfälle, genügt meist eine Fahrpause von 6 Monaten. Die Pause kann sich auf 3 Monate verkürzen, wenn der Anfall durch eine Situation provoziert wurde, die sich zukünftig vermeiden lässt, z. B. ein Absetzversuch der Medikamente.

Haben Patienten nach längerer Anfallsfreiheit vor, ihre Antiepileptika abzusetzen, so besteht für diese Personen ein Fahrverbot von jeweils 3 Monaten vor und nach Absetzen der Medikamente.

In den Führerscheinklassen C und D – das betrifft den LKW- und Personentransport-Verkehr – sind die Bestimmungen schärfer. Grundsätzlich gilt eine Fahreignung nur dann, wenn Betroffene keine Antiepileptika einnehmen. De facto führt dies zu einem Arbeitsverbot für Berufskraftfahrer. Tritt einmalig ein Anfall auf, und besteht kein Rückfallrisiko, verlieren die Betroffenen für 24 Monate ihre Fahrerlaubnis. Danach erhalten sie diese zurück. Personen, bei denen Ärzte die Diagnose Epilepsie stellen, bleibt die Fahrerlaubnis C und D jedoch dauerhaft verwehrt. Erst wenn sie 5 Jahre ohne Medikamente anfallsfrei bleiben, gelten sie wieder als fahrtauglich.

Komplementärmedizin

Einige Betroffene haben Strategien gefunden, um einen nahenden Anfall noch zu verhindern: z. B. konzentriertes Ausführen bestimmter Bewegungen oder bewusstes Setzen bestimmter Reize (etwa Riechen an einer speziellen Substanz). Leider gibt es keine Regeln, was am besten hilft, die folgenden Punkte zeigen aber Strategien, die sich zumindest bei einem Teil der Patienten bewährt haben oder empfohlen werden:

Mitunter profitieren Patienten davon zu lernen, ihr eigenes EEG mittels EEG-Biofeedback zu beeinflussen, bei dem die hirnelektrischen Potenziale trainiert werden. Den meisten Betroffenen bietet dieses Verfahren jedoch keinen Ausweg. Eine extrem kohlenhydratarme und fettreiche, ketogene Diät erzeugt eine so genannte ketogene Stoffwechsellage im Gehirn, die die Anfallsneigung reduzieren soll. Die Diät ist streng und aufwendig, sie muss konsequent eingehalten werden und kommt nur für wenige Patienten (vor allem Kinder) in Betracht. Zudem sind ihre Langzeitwirkungen auf den Stoffwechsel bislang noch nicht geklärt. Wenn die Anfälle häufig durch psychisch belastende Situationen (z. B. emotionaler Stress) ausgelöst werden, hat sich Autogenes Training bewährt. In einigen Fällen lassen sich mit diesem Verfahren auch bestimmte Beschwerden wie Wahrnehmungsstörungen reduzieren. [T16]Weitere Methoden, die zum Abbau von Stress und Anspannung infrage kommen, sind Yoga, Qigong und Shiatsu. Die Homöopathie empfiehlt eine individuelle Konstitutionsbehandlung mit Hochpotenzen, der therapeutische Nutzen kann nur individuell beurteilt werden. Die Akupunktur zielt darauf, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren sowie den Anfall zu verkürzen, ihre Wirksamkeit ist aber bisher nicht belegt.

Weiterführende Informationen

www.epilepsie.sh – Internetseite der Deutschen Epilepsievereinigung e. V., Berlin: Selbsthilfe steht hier im Vordergrund, mit vielen Informationen zur praktischen Lebensführung. www.izepilepsie.de – Internetseite des Informationszentrums Epilepsie der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie, Kiel: Ärzteorganisation; unter der Rubrik Service sind im Download-Center vielseitige Informationen zum Herunterladen verfügbar, bietet zudem hilfreiche Adressen & Links. www.fahrerlaubnisrecht.de – Private Internetseite, Frankfurt a. M.: Unter dem Stichwort Leitlinien finden Sie aktuelle Regelungen zur Fahrerlaubnis von Epilepsiekranken. G. Krämer: Das große TRIAS-Handbuch Epilepsie. Trias, 2005. Ausführlicher fachärztlicher Ratgeber des international renommierten Experten für Epilepsie, übersichtlich geschrieben im Frage-und-Antwort-Stil.

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